Workshop und Konzert bei CAMAC, Berlin
Ein Blick in den Veranstaltungskalender der CAMAC-Filiale in Berlin lohnt sich und bietet immer mal wieder echte „Schmankerl” – so auch die Möglichkeit, am Samstag, den 18. Januar, gemeinsam mit Ralf Kleemann einen Blick in die Welt der Verstärker, Loops und weiterer Effektmöglichkeiten an der Harfe zu werfen und anschließend ein Konzert erster Klasse genießen zu dürfen.
Einsteiger*innen in dieses Thema sei vorab das Handout „Blue Dictionary“ (Stand 2019) ans Herz gelegt, das von CAMAC online als Download in deutscher und französischer Sprache kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Es erlaubt einen umfassenden Einblick in alle Begrifflichkeiten rund um die elektrische Harfe und ihre Verstärkung und es half im Vorfeld, sich mit dem für mich noch recht unerkundeten Terrain vertraut zu machen. Für Interessierte geht es hier zur Downloadseite.
Wie kommt der Saft in die Flasche?
Der Workshop startet um 14 Uhr und ist auf vier Stunden beschränkt. Ich schreibe bewusst „beschränkt“, weil Ralf uns sicherlich noch viel mehr zu zeigen gehabt hätte und lediglich die Zeit den Rahmen setzte. Workshopleiter Ralf Kleemann spielt seit knapp 30 Jahren Harfe und bewegt sich spielerisch zwischen Klassik, Jazz, Rock und Folk hin und her. Vor dem Drücken roter Knöpfe hatte er, gemäß seiner Selbstbeschreibung, noch nie Angst und so verkabelt, lauscht und experimentiert er ohne große Hemmungen. Seine Neugierde hat ihm ein großes Maß an Wissen und Erfahrung eingebracht, das er heute gerne und voller Enthusiasmus mit uns teilt.
Begrüßung zwischen Harfen – die Seminargruppe ist klein, aber fein. Teilweise kennt man sich schon von diversen Harfentreffen.
Wir beginnen ganz einfach: Was ist eine elektro-akkustische Harfe, welche Arten von Mikrophonen gibt es, wie kommt der Saft in die Flasche, warum entsteht eine Rückkopplung, welche unterschiedlichen Kabel gibt es? Ralf erzählt nicht nur, er lässt uns hören und selber beurteilen. Er verkabelt und stöpselt, während er erzählt, eifrig vor uns herum (ich bewundere ausgiebig, wie mühelos er zwischen teuren Instrumenten und über Kabelfallen hinweg tanzt) und wir lernen den qualitativen Unterschied zwischen dynamischen Mikrophonen und Kondensatormikrophonen kennen und hören. Oder was mit dem Klangergebnis einer Harfe geschieht, je nachdem an welcher Stelle man das Mikrophon ausrichtet. Fragen werden reichlich gestellt, dazu sind wir ja hier: um zu lernen.
(links) Und wie läuft das dann mit Gesang…? (rechts) Willkommen in der wilden Welt der Effektgeräte!
Die vier Stunden werden durch Pausen geteilt, in denen Zeit für Gespräche und individuellere Fragen ist. Unser Zuckerspiegel wird derweil mit Keksen, dazu Kaffee oder Tee, auf Linie gehalten. Im letzten Zeitfenster geht es dann ans Eingemachte. Ralf öffnet die wundervolle und äußerst bunte Bonbondose der Effekt-Geräte. Alle bekommen glänzende Augen und wir stellen fest: Da ließe sich noch eine Stunde mehr dran hängen. Oder zwei…
Effektgeräte sind ein riesiger Spielplatz. Sie funktionieren nicht nur mit der E-Harfe, lassen sich hier aber besonders gut testen.
Aber dann ist es auch schon 18 Uhr und es wird Zeit das Feld zu räumen, damit die letzten Vorbereitungen zum Konzert getroffen werden können. Julia Becker von CAMAC komplimentiert uns sanft hinaus und wir machen uns in kleinen Grüppchen auf die Suche nach einem geeigneten Abendessen, was in Charlottenburg nicht wirklich schwierig ist.
ARDEN: Ein bisschen Strom, ein Hand-Ventilator und eine Stimme wie Rauchglas
Um 20 Uhr hat sich die Stimmung in den Räumen von CAMAC von nüchterner Arbeitsatmosphäre zu gespannter Erwartungsfreude, vom Arbeitslicht zu schummrigen Lichterkettenglimmen geändert. Im Vorfeld hatten wir Seminarteilehmer*innen natürlich schon den einen oder anderen neugierigen Blick auf das Arrangement der kleinen Bühne geworfen. Ich glaube, ich habe noch nie so viel Zeug an einer Harfe kleben sehen…
Eine voll verkabelte Harfe (die „Blue Harp“ von CAMAC), ein digitales Mischpult und dann gibts im Konzert noch die eine oder andere Überraschung.
Nun zeigt uns ARDEN mit Harfe, Stimme und Strom eindrucksvoll, was künstlerisch mit all diesen Werkzeugen, die wir vor wenigen Stunden näher kennen gelernt haben, in der Praxis möglich ist. Und es geht noch mehr. Sie bespielt die Harfe mit Paukenklöppel. Sie zaubert aus dem Nichts einen Hand-Ventilator und erzeugt damit wundersamste Töne. Dazu ihre schöne Stimme: ein bisschen rauchig und in den Höhen ganz klar. Das Konzert, kaum hat es begonnen, vergeht wie im Fluge. Und obwohl die Künstlerin eingangs gesteht, dass dies eine Premiere sei und sie furchtbar nervös ist ob denn auch alles funktioniert, dürfen wir erleben wie all die Technik, das Instrument und die Musikerin perfekt zusammen arbeiten.
Alle bedauern es sehr, dass es nur fünf Stücke zu hören gibt. Das Album ist in Arbeit und wir dürfen gespannt sein, was ARDEN noch kreieren wird.
Ein Tag bei CAMAC – das Resümee
Die Fahrt nach Berlin hat sich in jedem Fall gelohnt. Natürlich ist es, wie mit allen neuen Wissensgebieten: Ein erstes Hineinschnuppern wirft meist mehr Fragen auf, als letztendlich beantwortet werden. Aber die ganz großen Fragezeichen wurden mit diesem Seminar hervorragend eliminiert. Ich bin mir sicher, jede*r Teilnehmer*in hat etwas für sich mitnehmen können – auf jeden Fall eine Menge neuer Ideen und Lust auf noch mehr Musik mit dem schönsten Instrument der Welt.
Wie zu Anfang dieses Artikels schon angedeutet, war die Zeit natürlich knapp und, auch wenn die Konzentration nach vier Stunden allmählich nachließ, hätten wir doch gerne weiter gemacht. Gerade beim Thema Loopen bekamen alle sehr spitze Ohren. Ich denke ein Folge-Workshop zu diesem speziellen Thema wäre eine ganz große Sache. Tatsächlich war ich nicht die Einzige, die diesen Wunsch geäußert hat.
Danksagung
Bleibt eigentlich nur, diesem frechem Wunsch schnell ein ganz großes Dankeschön voranzustellen, denn Angebote wie dieses eintägige Seminar sind nicht selbstverständlich. Danke an CAMAC für die Gastfreundschaft, für die schöne Atmosphäre und das Gefühl des Willkommen seins. Danke an Ralf Kleemann für einen grandiosen Workshop mit Kartoffel-Jonglage, einem Plastiktrichter und ganz viel Fachchinesisch, das nun im Anschluss keines mehr ist. Und danke an ARDEN für das wirklich wunderfeine Konzert am Abend.
Doch, ich komme ganz sicher wieder. 🙂